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Die Präambel des Grundgesetzes und der darin enthaltende Gottesbezug verweisen explizit darauf, dass der Staat nicht die höchste und abschließende Instanz darstellt. Er baut vielmehr auf einem Fundament christlicher Werte und Überzeugungen, die historisch und philosophisch die Basis unserer gesellschaftlichen Ordnung bilden. Eine Rückbindung an eine transzendentale Instanz ist somit notwendig, um der Versuchung einer staatlichen Selbstverabsolutierung und Ideologisierung entgegenzuwirken. „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.“ (Böckenförde-Diktum) Religion und Kirche, gewährleisten diese in besonderer Weise.

Die Kirchen bringen mit ihrem sozialen Engagement breite Fachkompetenz in unsere Gesellschaft ein. Sie betreiben Krankenhäuser, Pflegeheime, Schulen, Kitas und bieten soziale Dienste wie Pflege, Kinderbetreuung, Jugendarbeit, Beratung und Seelsorge. Eine besondere Rolle spielen hierbei die kirchlichen Sozialverbände, in denen neben hauptamtlichem Personal zahlreiche Ehrenamtliche wirken, oft motiviert durch ihren Glauben. Auch bei globalen Aufgaben unterstützen die Kirchen den Staat, insbesondere durch Entwicklungsarbeit im globalen Süden und in Regionen, in denen nur geringe oder gar keine deutschen staatlichen Einflussmöglichkeiten bestehen Dank guter Vernetzung und diplomatischer Verbindungen, wie denen des Vatikans, leisten sie wertvolle Beiträge in Regionen mit wenig staatlichem Einfluss.

Gegenwärtig bereitet uns die Verdrängung christlicher Positionen und Symbolik aus der Öffentlichkeit sowie einseitig verstandene Neutralität große Sorge. Steigende Hasskriminalität gegen Christinnen, Christen sowie Kirchen zeigen eine alarmierende gesellschaftliche Intoleranz; dadurch fühlen sie sich zunehmend in ihren Ängsten und Sorgen nicht mehr wahrgenommen. Gleichzeitig werden Forderungen lauter, christliche Symbole aus dem öffentlichen Raum zu entfernen. Die Neutralität des Staates darf nicht in eine Benachteiligung des Christlichen münden – Glaube ist integraler Bestandteil unserer Geschichte, Kultur und Gesellschaft. Eine Politik, die Religionsgemeinschaften, die größte zivilgesellschaftliche Kraft weltweit, implizit wie explizit ausblendet, verpasst integrativen Dialog und beraubt sich wertvoller Perspektiven. Selbst bei innerdeutschen Fragestellungen wird die kirchliche und religiöse Expertise in ethischen Fragen von politischen Akteuren zunehmend ignoriert. Dieser Trend verdeutlicht nicht nur einen Verlust an Meinungsvielfalt und Perspektiven, sondern offenbart auch eine bedenkliche Blindheit gegenüber gesellschaftlichen Realitäten.

Beispiele:

· Kulturpolitik: Aufruf zur Überblendung der Bibelverse an der Kuppel des Berliner Schlosses oder das Abhängen des Kreuzes beim G7-Treffen in Münster zeigen.

· Entwicklungspolitik: Bei der Pakistan-Reise von Entwicklungsministerin Svenja Schulze im August dieses Jahres wird das Thema Religionsfreiheit trotz gravierender Missstände wie Gewalt gegen Christinnen und Christen sowie Zwangskonversionen nicht angesprochen – ein Widerspruch zur „wertegeleiteten Außenpolitik“.

· Außenpolitik: Ebenso problematisch ist die stillschweigende Auflösung des Referats 612 „Religion und Außenpolitik“ im Auswärtigen Amt, das seit mehreren Jahren als Plattform für interreligiöse Beratung diente und gerade in Konflikten wie im Nahen Osten wertvolle Impulse hätte liefern können.

· Innen- und Sozialpolitik: Obwohl die Kirchen für viele Menschen in Deutschland immer noch eine bedeutende moralische Instanz darstellen, wurde bewusst auf eine Beteiligung in der „Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“ der Bundesregierung verzichtet.

Angesichts der gegenwärtigen Entwicklungen appellieren wir eindringlich an die politischen Vertreterinnen und Vertreter unserer Regierung, die derzeit stattfindende Zäsur zu beenden und die bewährte und historisch gewachsene Tradition des konstruktiven Miteinanders zwischen Staat und Kirche fortzuführen. Angesichts einer ohnehin fragmentierten und zunehmend polarisierten Gesellschaft bedarf es eines wertschätzenden Diskurses, der die Kirche als legitimen Partner im Austausch anerkennt, statt sie zur Projektionsfläche eigener parteipolitischer Strategien und polemischer Aussagen zu machen.

Vor diesem Hintergrund fordern wir konkret:

· Respekt und Toleranz für christliche Stimmen, Symbole und Traditionen im öffentlichen Raum

· Wiedereinsetzung des Referats 612 im Auswärtigen Amt

· Bessere Unterstützung der kirchlichen Sozialverbände sowie deren Jugend- und Bildungsarbeit

· Einbindung kirchlicher Positionen in politische Entscheidungsprozesse (z.B. Schwangerschaftsabbruch, Sterbehilfe oder Migrationspolitik)

Mit einem erneuerten Miteinander von Kirche und Staat können wir eine Zukunft gestalten, in der christliche Werte und gesellschaftliche Vielfalt nicht im Widerspruch stehen, sondern gemeinsam zu einer gerechteren, solidarischeren und menschlicheren Welt beitragen.